Musterfälle

HERR P.

... konnte eine modularisierte Ausbildung während der Haft nach der Entlassung fortführen. Er hatte nach einer Teilqualifizierung die Zwischenprüfung zum Metallbauer absolviert; für den Gesellenbrief reichte die Haftzeit nicht aus. Mit Hilfe eines Mentors (Unternehmensberater) wurde ein Anschlussausbildungsplatz gefunden, sodass der Facharbeiterbrief als Konstruktionsmechaniker erworben werden konnte. Über Zeitarbeit gelang zunächst der Berufseinstieg.

Zwei Jahre später befand sich Herr P. dennoch in erheblichen Schwierigkeiten. Er wandte sich erneut an ArJuS. Angesichts des akuten Bedarfs wurde ein weiterer Mentor mit passendem Einsatzprofil (Mitarbeiter der städtischen Bühnen) vermittelt. Diesem gelang es, drohende Obdachlosigkeit zu verhindern, die innerfamiliäre Problematik zu moderieren und die Bewältigbarkeit der Suchtproblematik zu verbessern. Es gelang auch, erneut eine Zeitarbeit zu finden.

Nach Ablauf der jetzt befristeten Stelle als Autoschlosser ist der weitere Werdegang ungewiss. Herr P. ist 4 Jahre straffrei geblieben und will den Kontakt zum Projekt weiterhin aufrechterhalten.

HERR L.

... ist ein sogenannter Russlanddeutscher, geboren im heutigen Kasachstan. Seine Eltern leben in Nordhessen. Zur Zeit der Inhaftierung war er in Frankfurt, zuletzt ohne festen Wohnsitz. Den Realschulabschluss hatte er bereits vor der Haft erworben.

Während der Haftzeit absolvierte er mehrere Ausbildungsabschnitte im Elektrobereich. Mit Hilfe des ÜM bekam er eine Anschlussausbildung in Wiesbaden. Als Integrationsschritte wurden vermittelt:

  • die Erwirkung der Kostenzusage für eine überbetriebliche Ausbildung,
  • die Verhinderung des Rückumzugs,
  • die Unterstützung bei der Antragstellung für Grundsicherung und berufliche Förderung,
  • die Vermittlung einer Wohnung sowie
  • die Vermittlung eines der Ausbildung vorgeschalteten Praktikums.

Der Mentor hat insbesondere den Besuch eines Abendgymnasiums sowie die Integration im Freizeitbereich ermöglicht.

Zwischenzeitlich tauchte durch nicht beglichene Kfz-Steuern ein unerwartetes Problem auf. Obwohl weder der PKW noch das Nummernschild noch verfügbar waren, sollten diese kumuliert und verzinslich eingetrieben werden. Erst über das Mentoring ließ sich eine praktikable Lösung erreichen.

Bei Herrn L. handelt es sich sicherlich um jemanden, der aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten innerhalb der Gefangenenpopulation eher die Ausnahme darstellt. Für eine ganze Fallgruppe typisch ist dennoch, dass er aufgrund der Gesetzeslage als unter 25-jähriger zunächst in die ‚Bedarfsgemeinschaft’ seiner Eltern zu definieren war und der Rückumzug ihn wieder an sein kriminogenes Milieu herangeführt hätte. Zum anderen wäre ihm die Anschlussausbildung zum Elektriker wohl auf Dauer verwehrt geblieben.

Mittlerweile hat Herr L. den Gesellenbrief gemacht, sowie die Hochschulreife erworben. Derzeit studiert er Elektrotechnik. Er ist innerhalb Wiesbadens zusammen mit seiner langjährigen Freundin umgezogen. Er bedarf des Mentorings nicht mehr und bedankt sich ausdrücklich für dessen Unterstützung. Man kann wohl sagen, dass er zu einer Bereicherung der Kommune geworden ist.

HERR O.

... war einer der ersten Inhaftierten, der in der JVA Wiesbaden in dem dort neu eingerichteten Ausbildungsgang zum Hochbaufacharbeiter mit Option für Maurer eine Teilqualifizierung absolvierte. Auf Grund guter Leistungen wurde er in die Vollausbildung übernommen.

Die neue auch insoweit günstigere Gesetzeslage des HessJStVollzG erlaubte es ihm, nach der Haftentlassung einige Wochen lang zu Ausbildungszwecken von Frankfurt in die Ausbildungsstätte der JVA Wiesbaden zu ‘pendeln’ bis zum erfolgreichen Ablegen der Zwischenprüfung.

Vor allem aber war Herr O. ein sehr engagierter Teilnehmer des Kultur- und Integrationsprojektes DIE WERFT. In diesem Zusammenhang hatte er einige hochwertige Auftritte auch vor externem Publikum und somit unverkennbare Erfolge im kulturellen Bereich erleben dürfen, die ohne diese Initiative sicher nicht möglich gewesen wären. Hierbei fielen auch Herrn O.s positiver Einfluss auf den Teamzusammenhang sowie die parallel zu seinem Kulturengagement deutlich verbesserten schulischen Leistungen auf.

Herr O. hatte stets betont, dass er auch nach seiner Haftentlassung an der externen Phase des Theaterprojektes teilnehmen würde, falls dies seine Alltagsstruktur zulassen sollte. Aus der JVA war er ohne greifbare Perspektive auf eine Anschlussausbildung oder einen Arbeitsplatz entlassen worden. Durch Initiative eines Mentors aus dem Projektzusammenhang gelang es ihm, eine Anschlussausbildungsstelle bei einem etablierten Wiesbadener Unternehmen zu bekommen. Er hatte von seinem Mentor nicht nur den Hinweis auf diese Stelle bekommen, sondern war auf das Vorstellungsgespräch auch so professionell vorbereitet worden, dass ihm schon jetzt eine Übernahme nach der Lehre in Aussicht gestellt wurde. Da er perspektivisch seinen Wohnort wird wechseln müssen, wurde eine dort ortsansässige Mentorin zur Unterstützung für die Wohnungssuche hinzugezogen.